Die Fleischerei Hödl ist als letzter Wiener Schlachtbetrieb einzigartig – was sich auch in der Qualität der Würste klar bemerkbar macht. Die Bratwürstel sind überhaupt ein Gedicht.
Leopold „Leo“ Hödl nimmt mit seinem Betrieb in Wien eine Sonderstellung ein, ist der doch der letzte seines Standes, der im Stadtgebiet ehern auf eine eigene Schlachtung besteht. Nur so hat er volle Kontrolle entlang der gesamten Verarbeitungskette. Dieses Wissen schlägt sich auch sichtbar in seinem Selbstverständnis nieder. So werden die Beziehungen zu den bäuerlichen Lieferanten generationenübergreifend und persönlich gepflegt. Man holt Schweine und Rinder aus dem Tullnerfeld, Kälber aus der Buckligen Welt und Lämmer aus dem Pielachtal. Geschlachtet wird in der vor fünf Jahren großzügig erneuerten Schlachterei in Liesing – allein das zeigt auf, wie ernst man bei Hödl das Thema nimmt. So kann sich der Senior voll berechtigtem Stolz ins Kühlhaus stellen, wo Rinderhälften mit herrlicher Fettabdeckung und perfekt durchzogene Schweine auf die Verarbeitung hin reifen. Wird selber geschlachtet, tut man sich auch in der Zerlegung wesentlich leichter: „Das ist einfach ein ganz anderes Arbeiten, die Teile fallen praktisch von allein auseinander. Das braucht weniger Kraft und wir sind beim Zerlegen wesentlich schneller fertig“, weiß Leopold Hödl, dem es (eh klar!) vollkommen unverständlich ist, wie man als Fleischer auf eine eigene Schlachtung verzichten kann. Christoph Hödl, der die Flamme der Tradition vom Vater übernommen hat, sieht das selbstverständlich genau so: „Man tut sich einfach in vielen Bereichen leichter. Beim Frischfleisch können wir sehr rasch auf Kundenwünsche reagieren, weil die Teile einfach da sind und beim Wursten ist man beim Verarbeitungsfleisch wesentlich flexibler als wenn man nur mit zugekaufter Ware arbeitet.“ Diese Konzentration auf die mit dem Schlachten einhergehende Tugend der kompletten Verwertung eines Tieres (inklusive Warmfleischverarbeitung beim Wursten) schlägt auch voll auf das Sortiment durch, das Kundschaft aus einem weiten Einzugskreis in die Wiener Peripherie lockt. „Wenn wir nicht selber schlachten würden, hätten wir sicher das Schicksal vom Gros der Wiener Fleischer geteilt und wären von der Bildfläche verschwunden“, meint auch Christoph Hödl, der seit einem Jahr de facto den Betrieb vom Vater übernommen hat.
Großes Sortiment
Mit einer eigenen Schlachtung im Hintergrund lässt sich auch das Sortiment in all der Vielfalt einer klassischen Fleischerei gut abbilden. Feine Schinken, Brüh- und Dauerwürste, Blunzen, Schmalz und Grammeln gehen Hand in Hand mit eigenen Dauerwurstkreationen (die „Liesinger“ und die „Atzgersdorfer“) und – keineswegs selbstverständlich! – den gesuchten Innereien. Nierdeln, Hirn, Bries und Milz sind aus den meisten städtischen Fleischereien (außer auf Bestellung) verschwunden, beim Hödl sind sie gern gekaufte Standards und die Leber gibt’s in perfekter Reife. Ein gewisser Schmäh’ und die Bereitschaft den Horizont zu erweitern gehören klarer Weise auch dazu, will man in abwechslungsreichen Zeiten bestehen. Christoph Hödl wurde außer Haus geschickt, um seine Lehre bei Willixhofer in Baden zu absolvieren, wo auch geschlachtet wurde. Eine Zeit, auf die er gerne zurückblickt und deren Erfahrung er seit über zwanzig Jahren im elterlichen Betrieb mit einfließen lässt und die aus ihm einen „g’standenen Fleischer“ macht, der Stolz auf sein Handwerk ist. Das ist überhaupt die wesentliche Eigenschaft, die Vater & Sohn Hödl gemein ist. Gepaart mit der Bereitschaft, den Blick über den Tellerrand nicht nur zu wagen, sondern aktiv zu suchen, schlägt sich auch in neuen Kooperationen mit der Gastronomie nieder. So bezieht eine der edleren Burgermanufakturen ihre Patties von Hödl.