Stirbt der Blaue Portugieser aus? Die Anbauflächen gehen stark zurück.
Der Blaue Portugieser hatte schon bessere Zeiten: Vor vierzig Jahren noch die meistangebaute Rotweinsorte Österreichs, fristet er heute ein Nischendasein. Die Anbauflächen schwinden rapide. Alleine zwischen 2015 und 2020 sind von den wenigen verbliebenen Flächen weitere 60 Prozent weggefallen. Slow Food International hat die Gefahr erkannt und deshalb den Blauen Portugieser in seine Arche des Geschmacks, den weltweiten Katalog der schützenswerten Lebensmittel, aufgenommen.
Staatsvertragswein
Lange Zeit stand der Blaue Portugieser bei den Heurigen und in der Gastronomie für den typischen, österreichischen Rotwein, oft schlicht „Retzer Rotwein“ genannt. Kaum erstaunlich daher, dass auch am 15. Mai 1955 beim Festbankett im Zeremoniensaal von Schloss Schönbrunn „Retzer Rotwein“ kredenzt wurde – der Blaue Portugieser als Staatsvertragswein.
„Stirbt der Blaue Portugieser im Retzer Land und im Pulkautal aus, dann stirbt ein Stück österreichische Identität“ sagt Michael Vesely von Slow Food Village Retz, Initiator der Aufnahme in die Arche des Geschmacks. „Diese Traube hat eine Renaissance verdient“, ist auch Richard Klinger, Präsident des “Blauen Portugieser Club Reserve”, überzeugt. Der Wahl-Retzer setzt sich schon seit vielen Jahren für das Comeback der Weinsorte in diesem Teil des Weinviertels ein. „Es freut uns, dass wir mithelfen konnten, die Aufnahme in die Arche des Geschmacks vorzubereiten.“
Rebsorte ist eine Diva
„Für uns Winzer stellt diese Rebsorte eine große Herausforderung dar, denn im Weingarten ist sie eine Diva. Deshalb ersetzen sie viele Weinbauern durch pflegeleichtere Sorten”, sagt Winzerin Anna Schöfmann. “Das ist bedauerlich, denn der Blaue Portugieser ist die Antwort auf mehrere aktuelle Trends.“ Und diese gehen in der Welt der Rotweine weg von hohem Alkoholgehalt, dominanten Gerbstoffen und “Marmelade”-Aromen hin zu leichteren, tanninarmen Weinen mit Fokus auf Spaß und Entspannung, von denen man gerne mehr als ein Glas trinkt. Nicht zuletzt legen Weintrinker auch immer mehr Wert auf das Besondere, das Regionale. Statt weltweiter Gleichschaltung und „internationaler Stilistik“ sind jetzt typische, autochthone Rebsorten gefragt. Der Blaue Portugieser der niederösterreichischen Regionen Retzer Land und Pulkautal beantwortet genau diese Nachfrage. Wenn er nicht ausstirbt.