Freitag - 29.03.2024
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Fleischlos genießen

Silke Bernhardt hat mit der Fleischloserei – Wiens erster veganer Fleischerei – den Trend zu nachhaltigen Produkten auf rein pflanzlicher Basis voll auf den Punkt getroffen.
Silke Bernhardt hat mit der Fleischloserei – Wiens erster veganer Fleischerei – den Trend zu nachhaltigen Produkten auf rein pflanzlicher Basis voll auf den Punkt getroffen.

Das Marktsegment vegetarischer und veganer Produkte wächst rasant, das Angebot beschränkt sich aber meist auf industriell hergestellte und vor allem verpackte Ware. Silke Bernhardt setzt mit der „Fleischloserei“ einen lang fälligen Kontrapunkt.


Initialzündungen für Produktund Geschäftsideen ergeben sich oft in einem Moment der Unzufriedenheit mit einem status quo, aus einem Erleben von Mangel an Angebot und dem damit verbundenen Frust. Das gibt’s doch nicht, dass es das nicht gibt! Und wenn’s das Gewünschte dann doch nicht gibt? Dann bleibt als Ausweg nur mehr, es selbst zu machen, es zu erfinden, zu kreieren und auf den Markt zu bringen. So einen Moment erlebte die Photographin Silke Bernhardt bei einem Einkauf vor ein paar Monaten. Was sie suchte? Frische, unverpackte vegane Produkte.

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Aus der Not eine Tugend

Süßer Senf, eine Brezn und ein Weißbier passen hervorragend zu den veganen Weißwürsten aus der Manufaktur von Silke Bernhardt.
Süßer Senf, eine Brezn und ein Weißbier passen hervorragend zu den veganen Weißwürsten aus der Manufaktur von Silke Bernhardt.

In der Zwangspause der Pandemie hatte Silke Bernhardt die Zeit, dieses Aha-Erlebnis zu verarbeiten und auch die nötige Zeit, um die Idee praxistauglichen umzusetzen. „Ich ernähre mich seit geraumer Zeit ohne Fleisch, aber so richtig ist mir der Umstand, dass es keine Frischware gibt erst im Lockdown bewusst geworden“, erzählt die Berufsphotographin. Wer sich vegetarisch/ vegan ernährt, ist es gewohnt, viel selbst zu kochen und der Kreativität bei der Speisenherstellung Raum zu geben – ergo wälzte Silke Bernhardt erst einmal die eigene Rezeptsammlung und jede Menge Kochbücher. Der leitende Gedanke war, eigenständige Produkte zu entwickeln, in der Sensorik (also Geschmack, Textur und Biss) die Zutaten nicht verleugnen und die auch Fleischtiger eine pfiffige Alternative bieten, wenn’s mal was ohne tierisches Eiweiß sein soll. „Es geht mir überhaupt nicht darum, Fleisch und tierisches Eiweiß zu imitieren“, so Bernhardt. Das wäre das Metier der großen Produzenten, die auf diesem Gebiet unterwegs sind, und die diese Aufgabe mit dem Einsatz von viel Technologie betreiben und damit nicht „ihr Ding“. Auch nicht ihre Sache ist die Missionierung von Konsumenten, Dogmatismus ist ihr fremd. Viel mehr „ihres“ ist die Herstellung rein pflanzlicher Produkte mit biologischen Zutaten und einer fein ausbalancierten Würzung, die sich an den geschmacklichen Eigenschaften konventioneller Fleischwaren orientiert, und die vor allem ohne lebensmitteltechnologische Spielereien auskommen. Woher dieses Know-how kommt? „Ich habe das Glück, dass sich in meinem Umfeld auch einige pensionierte Fleischer bewegen, mit denen ich bei der Entwicklung der Produkte und der Rezepturen einen intensiven Austausch hatte“, erzählt Silke Bernhardt ohne Namen zu nennen. Berührungsängste gäbe es auf beiden Seiten keine, vielmehr wäre die Begegnung von Neugier, Respekt und der Freude an der Weitergabe von Wissen und Experimentierlaune geprägt gewesen. Zu guter Letzt galt es noch einen passenden Namen zu finden, der ziemlich nahe liegend ausfiel: Fleischloserei. Für Bernhardt ein bewusst gewählter Hybrid aus Fleischlos und Fleischerei, und wenn sie mit der „ersten Veganen Fleischerei Wiens“ auftritt, ist das ein bewusster Grenzgang, der auch der Abgrenzung zu „konventionellen“ veganen Produkten dient. In den Supermärkten gibt es eine ganze Reihe an Produkten, die auf eine möglichst fleischähnliche Optik und Textur getrimmt sind – den Weg der hochtechnisierten Produktion und der Imitate will die Fleischloserei nicht einschlagen.

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Nicht nur die Bohne

Die Grundzutaten der vegetarischen/ veganen Küche sind alle Gemüse sowie Hülsenfrüchte und Getreide, wobei in der Fleischloserei auf den Einsatz von Weizenprodukten (Stichwort Glutenunverträglichkeit) weitgehend verzichtet wird. „Die Basis bilden meistens Bohnen oder Erbsen, und Tofu. Den pflanzlichen Fettanteil liefern Öle, Ölsaaten (Sesam, Hanf, Lein etc.) und Nüsse. Auf die Verwendung von Palmfett wird explizit verzichtet. Dazu gesellt sich gekochtes Getreide aller Art und Produkte aus Hafer. Für die appetitliche Optik sorgen u.a. die farbintensive Rote Rübe, fermentierte Soyaprodukte und farbstarke Gewürze – schließlich isst das Auge auch bei non-meat mit“, erklärt die Neo-Unternehmerin und weist im selben Atemzug darauf hin, dass sie nur im kleinen Maßstab produziert. Die Produkte entstehen auf erweitertem Haushaltsniveau, die benötigte Maschinerie frönt dem Minimalismus. Ein Feinzerkleinerer, ein Mixer, eine Wurstspritze mit Handbetrieb, ein kleiner Räucherschrank und ein Kombidämpfer reichen (derzeit) noch vollends aus, um die Wochenproduktion herzustellen. Diese vertreibt sie einmal wöchentlich auf einem Marktstand in der Neubaugasse im 7. Wiener Gemeindebezirk, einem kaufkräftigen Pflaster mit urbaner Klientel. Da die Nachfrage aber derart große Ausmaße angenommen hat, fiel der Entschluss, ein eigenes Verkaufslokal zu betreiben relativ rasch. Derzeit werden die Räumlichkeiten eines ehemaligen Beauty-Salons für die Fleischloserei adaptiert. Wenn alles nach Plan läuft, soll dort ab Ende Juli nicht nur der Detailverkauf, sondern auch die Produktion abgewickelt werden.

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Das Angebot

Kommt ohne Schwein und Pferd aus und schmeckt köstlich - „Lebenkäs-Semmel“ aus der Fleischloserei.
Kommt ohne Schwein und Pferd aus und schmeckt köstlich – „Lebenkäs-Semmel“ aus der Fleischloserei.

Was gibt’s im Angebot auf dem Neubaumarkt, der jede Woche mittwochs stattfindet? Auf jeden Fall den Verkaufsschlager „Lebenkäs“ – der laut Bernhardt auch bei den eingefleischten Fleischtigern seine Fans findet, Grillwürstchen und Frankfurter, Grillspieße, Steaks aus Saitan, veganes Grammelschmalz (hergestellt mit Kokosöl, verfeinert mit Röstzwiebel und Apfelstückchen), vegane Weißwürstel oder Grillspießchen. Damit kommt die längst fällige Ergänzung für all jene, denen gegrilltes Gemüse vom Rost auf Dauer keinen Gaumenkitzel bietet. Als besondere Schmankerl fertigt die Fleischloserei Grammelknödel ohne Schweinsgrammeln und Blutwurst ohne Blut. Vor allem letztere werden von Kunden, die aus diätologischen Gründen nur wenig oder gar kein Schweinefett zu sich nehmen dürfen, geschätzt. Fix ist, dass nicht jedes Produkt immer verfügbar ist – das ist der wechselnden Verfügbarkeit der frischen Zutaten zuzuschreiben. „Natürlich sind meine Produkte nicht jedermanns Geschmack, aber ich möchte zeigen, dass man traditionelle Speisen auch ohne Fleisch herstellen kann“, erklärt Silke Bernhardt. Ihr geht es darum, nachhaltige Produkte herzustellen, die lokalen Kreisläufe nutzen und fördern und diese im direkten Umfeld zu vermarkten. Ressourcenschonung wird übrigens auch sehr groß geschrieben – was bei Wurst & Co. gar nicht so leicht zu bewerkstelligen ist, muss man doch auf Verwendung tierischer Därme als Wursthülle verzichten. Kunststoffhüllen kommen genau so wenig in Betracht. Wie man in der Fleischloserei das Thema Verpackung in Zukunft handeln wird (ein Onlineshop inkl. Versand steht auch schon in den Startlöchern) ist noch nicht befriedigend gelöst.

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